Claudia am 30. Januar 2022 —

Hausnotruf: Aus Scham und falschem Stolz oft ungenutzt

Zwar bin ich bei weitem noch nicht „hochaltrig“, dennoch hab‘ ich mir schon Gedanken darüger gemacht, was ist, wenn ich z.B. einen Schlaganfall bekomme und stürze. Das ist kein ganz seltenes Szenario, insbesondere bei Menschen mit Bluthochdruck und anderen häufigen Vorerkrankungen.

Aktuell komme ich auf das Thema wegen eines Twitter-Gesprächs über die Nutzung des Hausnotrufs. Da postete Anja ein Bild ihres verunfallten Vaters im Krankenhausbett und schrieb dazu:

„Mein Dad hat mir erlaubt das Foto zu posten und ich möchte es nutzen um für einen Hausnotruf zu werben. Ohne den Knopf hätte er den gestrigen Sturz nicht überlebt.
Am sinnvollsten sollten alle Senior*innen einen haben, die alleine leben. Checkt das bitte bei euren Leuten!“

Ein sehr sinnvoller Rat, wie ich meine! Unter dem Tweet wurde bis jetzt (30.1.22, 11.30 Uhr) 101 mal kommentiert. Hausnotruf oder Handy oder Smartwatch? Diverse Nutzungsszenarien wurden berichtet. Richtig gewundert hab* ich mich allerdings über einige Kurzberichte, die zeigen, dass viele Seniorinnen und Senioren den Notruf ablehnen und selbst der Besitz nicht unbedingt dazu führt, dass er auch wirklich genutzt wird:

  • „Tante, 96 Jahre, lehnt das ab. Wohnt allein. 600 km von uns. Will auch in kein Seniorenheim. Irgendwann geht’s schief. Dement ist sie nicht! (Dr.Elisabeth G.)
  • Meine Mutter hat einen. Am Bett liegen. Und die Station beim Telefon. Wo sie vom Boden aus nicht dran kommt.  Sie hat einmal aus Versehen mit dem Mobilteil den Alarm ausgelöst, seit dem trägt sie das Ding nicht mehr  Egal mit welchen Argumenten man ihr kommt.“ (Anja S.)
  • Gute Besserung und herzliche Grüße vom 86jährigen Freund OHNE Notruf (weil ja völllig überflüssig), der dieser Tage fast 20 Stunden am Fuß der Treppe lag, bevor ihn endlich jemand fand.“ (Friederike K.)
  • Hausnotruf bringt nur was, wenn er auch immer an der Person getragen wird. Habe diesbezüblich ‚zig Beratungen gemacht und immer liegen Kette oder Uhr nachts weit weg, wenn zB der Gang zum WC erfolgt“ (Kristin).
  • „Mein Vater hat ihn leider immer abgelehnt. Und eine 82-jährige Verwandte findet sich dafür als zu jung. Wie kriegt man die Leute überzeugt?“ (Birgitt)
  • Leider benutzen ihn viele nicht im Fall der Fälle! Nachdem meine Schwiegermutter immer wieder lange auf dem Boden lag und ihren Knopf nicht benutzt hat, haben wir Kameras installiert. Vielleicht etwas fragliche Methode, hat uns aber beruhigt und ihr des Öfteren geholfen“ (Elisabeth)
  • Unsere Oma hatte einen und hatte ihn leider nie bei sich, ein bisschen auch aus sturheit.daher wurde ihr Schlaganfall Sturz viel zu spät bemerkt“ (Zamilein)
  • Dann müssen die älteren Leute auch keine Scheu haben, diesen zu nutzen! Das passiert nämlich leider auch häufig: Hausnotruf da, aber aus Scham wird er dann doch nicht genutzt. (Doreen)

Aus Scham den Notruf nicht nutzen? Oft genug ist es vermutlich auch stolze Selbstüberschätzung („bin doch noch fit“) oder schlichte Nachlässigkeit. Wer rechnet schon im Alltag wirklich mit dem Schlimmsten? Das aber tritt leider durchaus häufig ein.  Die Berichte über verunfallte Menschen, die viele Stunden bewegungsunfähig auf dem Boden liegen, bevor sie entdeckt werden, sollten uns allen eine Mahnung sein, sinnvolle Hilfsmittel wie den Notruf anzunehmen! Vermutlich versterben nicht wenige, bevor sie jemand findet, denn viele alte Menschen leben allein und manche haben kaum noch Außenkontakte.

Hier ein paar Info-Seiten über gängige Notrufsysteme:

Neuerdings scheint die Smartwatch dank „Sturzerkennung“ einen Boom als Notfalluhr zu erleben. Verständlich, wirkt sie doch fast wie eine normale Uhr, sieht jedenfalls nicht nach Gebrechlichen-Hilfsmittel aus! Allerdings geht aus den Beschreibungen hervor, dass die komplexen Geräte nicht immer ganz einfach zu bedienen sind – oft ein Handycap für Hochaltrige!

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Zur Volkskrankheit Bluthochdruck siehe auch:

Angststörung: hoher Blutdruck, hoher Puls und Herzstolpern

Diskussion

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2 Kommentare zu „Hausnotruf: Aus Scham und falschem Stolz oft ungenutzt“.

  1. Die Nichtnutzung eines möglichen Hausnotrufes hat nicht immer was mit Scham oder falschen Stolz zu tun. Ich persönlich konnte da eine völlig übliche Variante der Erklärung im Familienbereich erleben.
    Mein reichlich 80 Jahre alter Vater glaubte vor Jahren, sein Auto überall hin steuern zu können. Wozu brauche er dann so ein Teil, er lehnt das angesprochene Tool ab. Einfach Selbstüberschätzung.

    Ein anderes Erlebnis zeigte mir, dass die Dinger in größeren Städten gut brauchbar sind. In Kleinstädten oder auf dem Lande (wo man es vielleicht noch mehr bräuchte) kann es Probleme geben.
    Die Mutter meiner Freundin benötigten die Hilfe per Kopfdruck. Verbunden war die Leitung mit dem Pflegedienst. Der hatte aber leider nach 19 Uhr Feierabend. Also ging der Ruf von Waldheim zu einem Überwachungsdienst nach Döbeln. Die waren aber gerade nicht so gut besetzt. Das kann also auch mal dauern…
    Im Ergebnis ist nicht viel passiert. Meine Freundin wurde vom Wachdienst informiert, ob sie nicht mal hinfahren könnte. Wir sind zur Klärung und zum „Rücksetzen“ 70 km hin- und zurück gefahren.
    Der Pflegedienst wurde Tage später darauf angesprochen und war not amused. Eine absolute Sicherheit bietet also niemand.

  2. Alleinstehende im schon fortgeschrittenen Lebensalter sollten nach meiner Meinung Hausnotrufsysteme nutzen . Vielen Dank für den informativen Beitrag!
    Ich betreibe übrigens seit kurzem das kleine Forum „Club der Hochbetagten“ und habe dort einen Link zu diesem interessante Blog gesetzt.