Ein mutiger Schritt, alle Achtung! So kommentierten etliche Freunde und Bekannte den Freitod von Gunther Sachs, der sich letzte Woche aufgrund erster Anzeichen der Alzheimer-Krankheit erschossen hat. In seinem Abschiedsbrief schrieb er:
„Der Verlust der geistigen Kontrolle über mein Leben wäre ein würdeloser Zustand, dem ich mich entschlossen habe, entschieden entgegenzutreten.“
Gunther hat sich die Diagnose offenbar selber gestellt und ist nicht mal zum Arzt gegangen, um die „Alzheimer-These“ zu verifizieren. Er bemerkte wachsende Vergesslichkeit und eine Verschlechterung seines Sprachschatzes – ja du meine Güte, da müsste ich mich auch erschießen, schon mit 56! Denn es passiert mir zunehmend häufiger, dass ich einen Begriff, irgend ein wohl bekanntes Wort nicht gleich erinnere – und ja, das verzögert sogar manchmal die Konversation um Bruchteile von Sekunden.
Früher fand man es normal, mit zunehmendem Alter vergesslich zu werden. Heute kann man sich das offenbar nicht mehr leisten: jeglicher Abbau der fürs jugendliche und mittlere Alter typischen Fähigkeiten löst Horrorvorstellungen und Ängste aus. Und bei Männern, die sich von ihrem Rollenverständnis her als Problemlöser sehen, erscheint die Möglichkeit, sich das Leben zu nehmen, als „letzte Lösung“.
Ist das wirklich mutig? Ok, den Akt durchzuziehen, das mag mutig sein – für ein paar Sekunden. Sehr viel mutiger aber wäre es, sich dem Unbekannten und Gefürchteten lebendig zu stellen. Bereit sein, zu nehmen, was kommt – und auch Hilfe annehmen und Kontrolle abgeben lernen.
Zudem: Hat jemand (wie Gunther Sachs) genug Geld, ist das im Alter sicher sehr viel leichter als für all die nur noch grundversorgten Rentner, zu denen viele aus meiner Generation gehören werden. Und TROTZDEM hat er sich so gefürchtet, dass er lieber abgetreten ist.
***
Evtl. interessiert dich auch dieser Artikel:
Vom Freitod und den Grenzen der Freiheit
_______________________
Foto: Siegfried Fries / pixelio.de
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
31 Kommentare zu „Angst vor Kontrollverlust – zum Tod von Gunther Sachs“.